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Land Salzburg bedroht »Freie Kulturszene« per Gesetz mit 20%-Kürzung

Dach­ver­band Salz­bur­ger Kul­tur­stät­ten lehnt Kür­zungs­pas­sus strikt ab

Wie jetzt bekannt wur­de, hat das Land Salz­burg im Dezem­ber 2014 einen neu­en Pas­sus für das Haus­halts­ge­setz beschlos­sen, kund gemacht – aber nicht kom­mu­ni­ziert – im Lan­des­ge­setz­blatt vom 26. Jän­ner 2015. Dar­in sieht die Salz­bur­ger Lan­des­re­gie­rung zur Wah­rung aus­rei­chen­der Fle­xi­bi­li­tät bei der Erstel­lung der Lan­des­vor­anschlä­ge für künf­ti­ge Haus­halts­jah­re (…) beim Abschluss mehr­jäh­ri­ger För­de­rungs­ver­trä­ge (…) unter Bedacht­nah­me auf eine ange­mes­se­ne Vor­lauf­frist eine Kür­zungs­mög­lich­keit von min­des­tens 20 % vor – wenn dem nicht zwin­gen­de Grün­de entgegenstehen. 

Betrof­fen von einer mög­li­chen Kür­zung im lau­fen­den Jahr soll – wie­der ein­mal – der Ermes­sens­be­reich sein, also neben z.B. Insti­tu­tio­nen im Sozi­al­be­reich vor allem die freie Kul­tur­sze­ne, in der seit Jah­ren aus­rei­chen­de, dem För­der­be­darf ent­spre­chen­de Valo­ri­sie­run­gen fehlen.

Kon­kret sol­len künf­tig (ab 2016) alle Kul­tur­stät­ten in Salz­burg, die För­der­ver­trä­ge mit dem Land abge­schlos­sen haben, fol­gen­de For­mu­lie­rung unter­schrei­ben: (…) Die Lan­des­re­gie­rung behält es sich unter Hin­weis auf § 4 Abs. 4 All­ge­mei­nes Haus­halts­ge­setz vor, den ange­führ­ten För­der­be­trag für das Kalen­der­jahr 2016 bis zu einem Aus­maß von 20 % zu kür­zen. Zum Zwe­cke der Pla­nungs­si­cher­heit ist dem För­de­rungs­neh­mer die beab­sich­ti­ge Kür­zung der För­der­mit­tel min­des­tens drei Mona­te im Vor­aus mit­zu­tei­len. Die För­der­mit­tel sind jeden­falls zu kür­zen, wenn sich gegen­über dem Zeit­punkt des Abschlus­ses die­ser Ver­ein­ba­rung ein ver­rin­ger­ter För­der­be­darf ergibt.

Für den Dach­ver­band Salz­bur­ger Kul­tur­stät­ten – er ver­tritt 74 Kul­tur­ein­rich­tun­gen in Stadt und Land mit ins­ge­samt rund einer Mil­li­on Besu­che­rIn­nen – ist die­ser Pas­sus voll­kom­men inak­zep­ta­bel. Die Grün­de der strik­ten Ablehnung:

  1. Eine Kür­zung im Aus­maß von bis 20 Pro­zent wäh­rend eines Jah­res wür­de die gesam­te Arbeit in Fra­ge stel­len und bedro­hen, geschlos­se­ne und gül­ti­ge Ver­trä­ge mit Künst­le­rIn­nen, Mit­ar­bei­te­rIn­nen, Fir­men, Ver­mie­te­rIn­nen etc. könn­ten z.T. nicht mehr ein­ge­hal­ten wer­den – dies viel­leicht gar drei Mona­te vor Kür­zung (der Jah­res­för­de­rung? der aus­stän­di­gen För­de­rung?) könn­te sogar eine Still­le­gung des Kul­tur­be­triebs zur Fol­ge haben. 
  2. Eine ver­ant­wort­li­che Geschäfts­füh­rung (Inten­danz, Vor­stand etc.) müss­te ab 2016 jähr­lich eine Rück­stel­lung von 20 Pro­zent der Lan­des­för­de­rung bil­den, die frü­hes­tens im Okto­ber eines Jah­res auf­ge­löst wer­den könn­te (wenn die drei­mo­na­ti­ge Frist für das Jahr abge­lau­fen wäre). Eine Rück­stel­lung in die­sem Aus­maß wür­de in man­chen Kul­tur­stät­ten einen mas­si­ven Ein­griff in die lau­fen­de Arbeit, die Pro­duk­ti­on, die Struk­tur, die Pla­nung etc. bedeu­ten; dar­über müss­ten Betriebs­rä­tIn­nen, Mit­glie­der, alle ande­ren För­der­ge­be­rIn­nen, Spon­so­rIn­nen, Geschäfts­part­ne­rIn­nen etc. infor­miert werden.
  3. Bei einer ange­droh­ten Kür­zung von bis 20 Pro­zent könn­te der gül­ti­ge, mit dem Land abge­schlos­se­ne zwei­jäh­ri­ge För­der­ver­trag nicht mehr ein­ge­hal­ten wer­den, d.h. die for­mu­lier­ten und erar­bei­te­ten Zie­le wären obso­let – und damit der Ver­trag ungül­tig. Dar­auf wird nicht Bedacht genom­men und in kei­ner Wei­se eingegangen. 

Die Kri­tik des Dach­ver­bands – der um den tat­säch­li­chen und erhöh­ten För­der­be­darf weiß, dies lau­fend kom­mu­ni­ziert und seit Jah­ren eine Reform der Lan­des­kul­tur for­dert – betrifft neben der mona­te­lan­gen Nicht-Kom­mu­ni­ka­ti­on durch das Land vor allem die Rechts­un­si­cher­heit, die mit einem der­ar­ti­gen Pas­sus geschaf­fen wird, der damit jede Ziel­ver­ein­ba­rung ad absur­dum führt und einen Ver­trau­ens­bruch darstellt. 

Eine mög­li­che Kür­zung im Aus­maß von 20 Pro­zent im lau­fen­den Jahr bedroht Salz­burgs Kunst und Kul­tur dras­tisch. Der Dach­ver­band for­dert den Kul­tur­lan­des­rat und die Lan­des­re­gie­rung zur Zurück­nah­me des Pas­sus und bis dahin zur Nicht-Anwen­dung auf – mit Beru­fung auf nach­weis­lich »zwin­gen­de Gründe«.

Die Salz­bur­ger Inter­es­sens­ver­tre­tung der frei­en Kul­tur­sze­ne emp­fiehlt sei­nen Mit­glie­dern, die­sen neu­en »Kür­zungs­pas­sus« – schon in Hin­blick auf Haf­tungs­fra­gen – nicht zu unter­schrei­ben. Dar­über hin­aus kri­ti­siert der Dach­ver­band, dass eine ver­fehl­te (Kultur)Politik des Lan­des Salz­burg – gemeint sind der selbst­ver­schul­de­te Finanz­skan­dal, aus­ste­hen­de Refor­men und die über­fäl­li­ge Anpas­sung der För­der­mit­tel – nicht auf dem Rücken der frei­en Kul­tur (und aller ande­ren betrof­fe­nen Berei­che) aus­ge­tra­gen wer­den darf und kann. 

Und, so fragt der Dach­ver­band Salz­bur­ger Kul­tur­stät­ten: Wenn tat­säch­lich das Lan­des­bud­get 2016 gefähr­det ist, wie kann dann z.B. ein Kul­tur-Tou­ris­mus-Event wie »Salz­burg 20.16« mit zusätz­li­chen Mil­lio­nen­be­trä­gen bedacht werden?


Dach­ver­band Salz­bur­ger Kulturstätten
Mag. Tho­mas Randisek
Drei­fal­tig­keits­gas­se 3/3
5020 Salzburg
Tel: +43 650  970 29 08
http://www.kultur.or.at

Von Alf Altendorf

Alf hat FS1 gegründet, und ist mit einer Vielzahl an Start-Ups und Projektbeteilungen einer der Pioniere der österreichischen Community-Medienszene und mehr als 30 Jahre im Sektor aktiv.

Er studierte Betriebswirtschaft (WU Wien) & Bildnerische Erziehung (Universität f. Angewandte Kunst), und war Anfang der 1990er Radiomacher und Mitorganisator beim Wiener Piratenradio. Unter anderem arbeitete er als freischaffender Medienkünstler, Projektmanager, Autor & Kulturjournalist, Designer, Mitgründer / Gesellschafter & Geschäftsführer bei T.I.V. (heute: gotv) und war an der Entwicklung & politischen Durchsetzung des Wiener Community-TVs okto.tv führend beteiligt.

Heute ist er hauptberuflich Geschäftsführer der Radiofabrik und nebenberuflich kaufmännisch für FS1 tätig.

Alf ist im Vorstand des VFRÖ (Verband Freier Rundfunk Österreich) und des Dachverbands Salzburger Kulturstätten. Er ist assoziiertes Mitglied des Presseclubs Concordia.

Er war Mitglied des Fachbeirats für Medien der Salzburger Landesregierung (2013 - 2017) und war im Vorstand der IG Kultur Österreich (2014 - 2015).


Mag: Harten elektronischen Krach, abseitige Parties, spannende Kulturproduktion, die Untiefen der Politik, "Undurchführbare Projekte umsetzen".

Bewegt durch Kunst, (Medien) Aktivismus & internationale Verbindungen. Er reist gern am Globus, und lernt dabei Einheimische kennen.

Als ehemaliger Grafik-Designer und Künstler ist er in seinem Herzen immer ein "Maler" geblieben (der er einmal war). Für ihn ist "Non-Time-Based Arts" - eine leere (elektronische) Leinwand, die mit geringstem Inhalt die größtmögliche visuelle Wirkung erzielt - die größte ästhetische Herausforderung. Und die er in zeitgenössischer und historischer Kunst am meisten bewundert.

Er liebt (Minimal) "Electronic Music". Und seltsame, ausserirdische Orte, wo sie zu hören und wo sich dazu tanzen lässt.
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