Aufgrund von Kostensteigerungen kann Salzburgs Community Fernsehen seit dem 1. Juli 2024 keine fairen Gehälter mehr bezahlen. Eine angestrebte Abdeckung durch Stadt und Land Salzburg hat bis dato kein Ergebnis gebracht.
Salzburg, am 2. Juli 2024
FS1 ist seit Beginn der FairPay-Kampagne der “IG Kultur Österreich” — der nationalen Interessenvertretung der Freien Kulturszene — Unterstützer und medialer Begleiter dieser sozialen Initiative. Seit sechs Jahren findet sich FairPay als wichtiges Vorhaben im Leitbild der Station. 2020 erfolgte ein temporärer halbjähriger Umstieg auf FairPay — mit Sonder-Corona-Mitteln des Bundes — zur sozialen Unterstützung der Angestellten in der Pandemie. Ab Mitte 2022 erfolgte der endgültige Umstieg, erneut mit Bundesmittel aus einer Aufstockung des “Nicht-Kommerziellen Rundfunk Fonds” der RTR (Rundfunk & Telekom Regulation). Diese Mittel unterliegen aber als Produktionszuschüsse keiner Valorisierung.
Gespräche seit Frühjahr 2023
Seitdem bemühte sich der Sender vergeblich, Stadt und Land Salzburg zu einem stärkeren Engagement bei FS1 zu bewegen, um Fair Pay abzusichern und Kostensteigerungen abzufangen. So lag 2024 die Beteiligung des Landes an der Finanzierung bei 6%, jene der Stadt bei 9% und war damit seit 2019 anteilig stark gesunken. 5.476,- Euro ist zum Beispiel 2024 die FairPay-Beteiligung der Stadt bei Personalkosten von über 450.000 Euro.
Seit 2023 hat der Sender die vorhergehende Stadtregierung — mit der eine “mittelfristige Vereinbarung besteht” — vor diesen kommenden Entwicklungen gewarnt und musste im selben Jahr eine Vertragsverlängerung mit stark negativen Budgets abschließen, die eine zukünftige Bestandsgefährdung in Kauf nahmen. Seit April laufen die Gespräche mit der Kulturabteilung der Stadt mit neuen Rot-Dunkelrot-Grünen-Mehrheiten. Weiter ohne Ergebnis.
Ist FairPay Geschichte?
Ab der Jahresmitte musste FS1 jetzt Konsequenzen ziehen. Fair Pay ist — einstweilen — Geschichte. Es herrscht Unverständnis für das Nicht-Handeln von Stadt und Land zulasten einer wesentlichen Organisation der Freien Szene Salzburgs.
»Wer FairPay in der Kultur haben will, muss diese auch finanzieren. Die Kostensteigerungen sind seit längerem bekannt, geschehen ist nichts. Den Preis zahlen ab jetzt die Angestellten mit 10% Gehaltsverlust. Und das in einer der teuersten Städte Österreichs”, kritisiert Alf Altendorf, kaufmännischer Geschäftsführung von FS1. “Und wenn dann gleichzeitig bekannt ist, dass in die Sanierung der Festspielgebäude bis zu einer halben Milliarde Euro gesteckt werden soll, lässt sich nur der Kopf schütteln über eine Kulturpolitik jenseits von Bedürfnissen der Freien Szene und der Bürger:innen.«
Dutzende kultur- und zivilgesellschaftliche Einrichtungen kooperieren mit FS1 in Sachen Bewegtbild. Mit einem kleinen Team produziert der Sender ein außerordentlich buntes, hochwertiges Programm nach journalistischen Kriterien des Presserats, in dem auch Menschen zu Wort kommen, die sonst nicht Teil des Diskurses wären. Für viele junge Menschen bedeutet FS1 die Möglichkeit, erste Schritte im Medienbetrieb zu tun und sich zu profilieren.
»Für eine gesunde Demokratie sind pluralistische, freie Medien unerlässlich«, betont die für Programm zuständige Geschäftsführerin Sophie Huber-Lachner und ergänzt: »In der jetzigen Situation ist es uns auch nicht möglich, einfach weniger zu produzieren — wir sind an ein Minimum von 7 Stunden wöchentlich gebunden, um die Vereinbarung mit der Regulierungsbehörde RTR zu erfüllen.«
Interessenvertretungen sind besorgt
Sorgen um den Fair-Pay-Prozess in Salzburg macht sich Thomas Randisek, Geschäftsführer des Dachverband Salzburger Kulturstätten, die auch Miteigentümer von FS1 sind. »Die aktuelle Entwicklung bei FS1 ist leider ein Rückschlag im sonst so erfolgreichen Salzburger Fair-Pay-Prozess. Die hohe Inflationsrate der letzten beiden Jahre auf die Beschäftigten abzuwälzen ist das falsche Signal im Prozeß einer gerechten Entlohnung von Kulturarbeiter:innen«.
Helga Schwarzwald, Geschäftsführerin der nationalen Interessenvertretung “Verband Freier Rundfunk Österreich”, betont die Bedeutung fairer Entlohnung von Mitarbeiter:innen für die professionelle Entwicklung von Betrieben und weist dabei auf die wechselseitige Verantwortung von Ländern und Bund hin.
»Dass FS1 als Vorreiter im Kampf um faire Gehälter nun von diesen abgehen muss, weil Stadt und Land Salzburg diese Fairness nicht auch durch angemessene Förderung unterstützen, ist nicht nur für die Mitarbeiter:innen von FS1 schlimm, es schwächt uns österreichweit. Der Bund hat in den letzten Jahren den Förderfonds für nichtkommerzielle Sender deutlich erhöht. Dieses Potential steigender Förderungen kann FS1 aber nur ausschöpfen und nach Hause bringen, wenn Stadt und Land Salzburg ihrer Verantwortung durch deutlich steigende Kofinanzierungen nachkommen.«
Kreative Proteste
Kreativer Protest startet im Programm von FS1. Mit Spots und Interventionen wird hingewiesen werden, dass für die Arbeit nur mehr 90% des sozialen Mindeststandards bezahlt wird.
Wenn FairPay bei FS1 nicht endgültig Geschichte bleiben soll, dann sei jetzt Handeln angesagt, nimmt die Geschäftsführung von FS1 die Politik zum Schluß in die Pflicht. “Und es wäre schade, ein gut laufendes Projekt nachhaltig zu beschädigen”, heißt es noch.
Rückfragehinweis:
Alf Altendorf - Kaufm. Geschäftsführung
a.altendorf@fs1.tv
+43–69914301075
Sophie Huber-Lachner — Geschäftsführung Programm
s.huber-lachner@fs1.tv
+43–650 5577133
Bildhinweise (alle FS1):
Fairpay-Logo durchgestrichen
Kein Fairpay auf Studiotür