Seit jeher schlägt Schönheit die Menschen in ihren Bann. Selbiges gilt auch für das Erhabene. Es kann daher nicht verwundern, dass es eine jahrtausendealte Beziehung zwischen Ästhetik und Macht gibt.
Seit den frühen Hochkulturen hatte die Legitimation politischer Autorität stets auch eine ästhetische Dimension, galten doch nach klassischer Auffassung das Schöne und das Gute als miteinander identisch. Die uns erhaltenen Skulpturen und Bauwerke der Antike und des Mittelalters legen noch heute steinernes Zeugnis von dieser Auffassung ab; ihre Formensprache erwies sich bis weit in unsere Zeit hinein als stilbildend. Dass die Ästhetik zudem ein Mittel sein kann, Menschen sprichwörtlich zu fesseln und den eigenen Machtanspruch zu symbolisieren, wussten auch die revolutionären und totalitären politischen Bewegungen der Moderne; in deren Selbstdarstellung spielte nicht zufällig die Kunst eine Schlüsselrolle.
Der beispiellose politische Missbrauch des Erhabenen und Schönen im 20. Jahrhundert hat die Skepsis gegenüber einer „Ästhetisierung der Politik“ (Walter Benjamin) genährt. Der häufig daraus resultierende ideologiekritische Generalverdacht gegenüber jeglicher Verbindung von Politik und Ästhetik lässt jedoch eine politisch gefährliche „ästhetische Lücke“ (Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi) entstehen und schwächt die Abwehr derer, die das Schöne heute gegen die Logik der „totalen Ökonomie“ (Wendell Berry) verteidigen wollen. Wer nämlich die politische Bedeutung der Ästhetik allein auf die Gefahr ihrer totalitären Instrumentalisierbarkeit reduziert, verkennt, dass es seit der Romantik auch freiheitsliebende Denktraditionen gibt, die das Erhabene und Schöne gerade nicht in den Dienst der Politik, sondern umgekehrt die Politik wieder in den Dienst der Schönheit stellen wollen.
Impuls: Mario Wintersteiger, Universität Salzburg
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